Innovative Notfallmedizin für komplexe Einsatzszenarien
Gießener Medical Intervention Car (GiMIC)
Ein erfahrenes Team aus der Notfallmedizin und die spezialisierte Ausrüstung dieses Sonderrettungsmittels sorgen für eine erweiterte medizinische Versorgung direkt am Einsatzort. Entdecken Sie, wie das GiMIC in kritischen Einsatzsituationen lebensrettende Maßnahmen ermöglicht.
In Kooperation mit dem Universitätsklinikum Gießen-Marburg (UKGM), der Justus-Liebig-Universität (JLU) sowie der Johanniter Unfall-Hilfe e.V. (JUH) Regionalverband Mittelhessen initiiert der Landkreis Gießen (LKGI) ein Forschungsprojekt im Rettungsdienst – das so genannte Gießener Medical Intervention Car (GiMIC).
Was versteht man unter dem GiMIC?
Das GiMIC (Gießener Medical Intervention Car) ist ein speziell ausgestattetes Sonderrettungsmittel, das im Rahmen eines Forschungsprojekts der Justus Liebig Universität Gießen in Kooperation mit dem Landkreis Gießen, sowie der Johanniter Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Mittelhessen initiiert wurde. Es baut auf dem erfolgreichen Konzept der MIC-Notfallversorgung im Motorsport auf und zielt darauf ab, die Notfallversorgung in der Region Mittelhessen zu verbessern. Es wird durch ein Team aus erfahrenen Notfallmedizinern und Notfallsanitäter:innen besetzt. Diese werden von der Sektion Notfallmedizin der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Gießen, sowie der Johanniter Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Mittelhessen gestellt.
Drei Versorgungsschwerpunkte
Das GiMIC deckt drei wesentliche Schwerpunkte ab:
- Notfälle bei kritisch verletzten Kindern und Kinder-Reanimation
- Notfalltransfusion (Blutkonserven und Gerinnungsprodukte)
- Anwendung spezieller invasiver Notfalltechniken
Ergänzung zum Regelrettungsdienst
Das GiMIC dient als zusätzliches Rettungsmittel und unterstützt die Einsatzkräfte bei kritischen Notfallsituationen an der Einsatzstelle, ersetzt jedoch nicht den Notarzt oder die Notärztin.
Im Bedarfsfall wird es von der Leitfunkstelle Gießen hinzugezogen, um durch spezielles Equipment und erfahrene Notfallmedizinerinnen und Notfallmedizinern die Lücke zur klinischen Intensivversorgung zu schließen. Dadurch können komplexe und seltene Notfälle, die bisher schwer vor Ort behandelbar waren, effektiver und direkt an der Einsatzstelle versorgt werden.
Für den Einsatz des GiMIC gelten einige wichtige Grundsätze:
Die Einsatzführung verbleibt beim regulären Notarzt oder der Notärztin vor Ort, es findet keine Übernahme der Patientinnen und Patienten statt – das Team des GiMIC bietet jedoch zusätzliche Ressourcen, Expertise und Unterstützung an.
Wann immer ein schneller Transport sinnvoll und möglich ist, sollte dieser unverzüglich eingeleitet werden – auf das MIC sollte in diesem Fall nicht gewartet werden. Optional kann im Sinne eines Rendezvous-Systems der MIC-Notarzt oder die MIC-Notärztin sowie zusätzliches medizinisches Spezialequipment unterwegs aufgenommen werden.
Zeitkritische Maßnahmen zur Rettung von Leben
Spezialequipment für zeitkritische Einsätze
Ziel ist die Stabilisierung von Patientinnen und Patienten in kritischem Zustand direkt am Unfallort, um sie transportfähig zu machen und eine klinische Versorgung, beispielsweise im Schockraum oder OP, überhaupt erst zu ermöglichen.
Bluttransfusion bereits am Notfallort
Als bedeutenden präklinischen Fortschritt bietet das GiMIC nun die Möglichkeit, bereits am Notfallort die Gabe von Blutprodukten und Gerinnungsfaktoren bei Schwerverletzten und kritisch erkrankten Patientinnen und Patienten durchzuführen – ein Verfahren, das in Deutschland bisher noch selten zum Einsatz kommt.
Technische Ausstattung
Umfassende Ausrüstung für den Notfalleinsatz.
Technische Fahrzeugdaten
Basisfahrzeug:
Volvo V90 Cross Country Volvo Ocean Race, Police Chassis, 173 kW (235 PS)
Getriebe:
Automatik
Antrieb:
Allrad
Federung:
Adaptive Luftfederung
Signalanlage:
LED Signalanlage des schwedischen Herstellers „Standby“
Funkrufname:
AKKON GI 5-80-1
Rucksackbasiertes System
Das rucksackbasierte System ermöglicht schnellen und flexiblen Zugang zu lebensrettendem Equipment direkt am Einsatzort.
Blutkühlschrank mit Temperaturüberwachung
Ultraschall TEE und TTE
Erweitertes chirurgisches Instrumentarium
Umfassende Ausstattung für chirurgische Notfallinterventionen vor Ort (z.B. Chirurgischer Atemweg,
Reanimationsthorakotomie, Notamputation, etc.).
NIRS-Monitoring
Ein nichtinvasives Verfahren, das auf der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) basiert und vor allem zur Überwachung der zerebralen Gewebeoxygenierung eingesetzt wird.*
Equipment für erschwerte und zentrale Gefäßzugänge
Mitgeführt wird der Venenfinder Accuvein 500, der Gefäßverzweigungen und Venenklappen sofort sichtbar macht. Zur Ausstattung gehören außerdem arterielle und zentrale Venenkatheter (ZVK) für Kinder und Erwachsene.
Point of Care Labordiagnostik (iStat)
REBOA-System
Das REBOA-System (Resuscitative Endovascular Balloon Occlusion of the Aorta) verschließt die Aorta passager mithilfe eines über die Leistenarterie eingebrachten speziellen Ballonkatheters, mit dem Ziel schwere Blutungen in die Bauchhöhle oder das Becken effektiv zu stoppen.
Erweitertes Kreislaufmonitoring
ECMO (Cardiohelp, Getinge) mit Spezial-Transporthalterung
Künstlicher Kreislauf und Sauerstoffanreicherung des Blutes mittels Herz-Lungen-Maschine (Extrakorporale
Membranoxygenierung, VV-/VA-ECMO/eCPR).*
Kompetenzen
Modernste Medizintechnik für optimale Notfallversorgung
Versorgung von Kindern
Versorgung kritisch verletzter und kritisch kranker Kinder sowie Kinder-Reanimation.
Geburtshilfliche Notfälle
Komplexe Einsatzlagen
Unterstützung bei Massenanfällen von Verletzten und lebensbedrohlichen Einsatzlagen.
Sonografie am Notfallort
Präklinische Blutprodukte
REBOA
Platzierung eines Ballon-Katheters und Blockung der Aorta zur Blutungskontrolle.
Reanimations-Thorakotomie (Clamshell)
Eröffnung des Brustkorbes zur Entlastung einer Herzbeuteltamponade und Blutungskontrolle im Brustkorb.
Extrakorporale Kreislaufunterstützung
Erweitertes Atemwegsmanagement
Ablauf und Zielsetzung des Pilotprojekts
Das GiMIC-Projekt zielt darauf ab zu zeigen, wie spezialisierte Rettungsfahrzeuge die Notfallversorgung und das Überleben von kritisch kranken und schwerverletzten Patientinnen und Patienten verbessern können. Es wird vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) unterstützt. Der gesamte Projektzeitraum wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
Evaluation und Einsatz des GiMIC
Stationiert an der Universitätsklinik Gießen, kommt das GiMIC zunächst werktags zum Einsatz. Die Sektion Notfallmedizin der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, möchte durch die Auswertung der Einsätze herausfinden, ob sich mit dem Fahrzeug die Versorgung und Überlebenschancen kritisch verletzter oder erkrankter Patientinnen und Patienten in Mittelhessen bei speziellen, komplexen Notfallsituationen weiter verbessern lässt. Ziel ist es, die Einsatzbereitschaft und Verfügbarkeit des GiMIC zukünftig auszuweiten.
Das Gießener Medical Intervention Car im Fokus
Partnerschaft für eine bessere Versorgung
Gemeinsam stark für die Notfallmedizin
Unsere Partner vereinen ihre Expertise, um das GiMIC zu einem wegweisenden Projekt in der Notfallmedizin zu machen. Gemeinsam stellen wir sicher, dass Patientinnen und Patienten in kritischen Situationen die bestmögliche Hilfe erhalten.
Justus-Liebig-Universität Gießen
Johanniter Regionalverband Mittelhessen
Landkreis Gießen
Sektion Notfallmedizin
Fragen und Antworten
Das MIC ist ein hochspezialisiertes Sonderrettungsmitel, das entwickelt wurde, um in besonders komplexen und kritischen Notfallsituationen schnelle und erweiterte medizinische Versorgung zu bieten. Es ergänzt die bestehenden Rettungsmittel und bringt spezialisierte Ausrüstung sowie erfahrene Notfallmedizinerinnen und Notfallmediziner direkt zum Einsatzort. Es ersetzt nicht den Notarzt oder die Notärztin.
Anhand eines abgestimmten Indikationskataloges (z.B: schwere Traumata, schwere Blutungen, Kinder- und Geburtshilfliche Notfälle, eCPR etc.) wird das MIC durch die Rettungsleitstelle Gießen alarmiert oder durch die Rettungskräfte vor Ort zur Unterstützung nachgefordert.
Der Einsatzradius des MIC ist von vielen Variablen abhängig:
- Situation vor Ort
- Zustand der Patientinnen und Patienten
- Transportziel
- Transportzeit
- Tageszeit
Die Vorhaltung des MIC ist aktuell für den Landkreis Gießen vorgesehen. Ein überregionaler Einsatz muss bei der Leitfunkstelle Gießen angefragt werden.
Das MIC ergänzt den regulären Rettungsdienst und schließt die Lücke zwischen präklinischer und klinischer Versorgung. Durch seine spezialisierte Ausrüstung und die Expertise des Teams können lebensrettende Maßnahmen bereits am Unfallort durchgeführt werden, die sonst erst im Krankenhaus möglich wären. Dabei gilt: Die Behandlung verbleibt beim Notarzt oder der Notärztin. Das MIC-Team bietet zusätzliche Ressourcen und Unterstützung. Ein schneller Transport hat immer Vorrang. Auf das MIC wird nie gewartet. Gegebenenfalls kann das MIC unterwegs zur Unterstützung hinzukommen.
Das MIC wird von einem Team aus hochqualifizierten Notfallmedizinerinnen und Notfallmedizinern der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Gießen betrieben. Diese werden von speziell geschulten Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. unterstützt, um eine umfassende und effektive Notfallversorgung sicherzustellen.
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